kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.

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Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf  >>) :

Zweipunkt-Katastophe

Wer hätte das gedacht! Zwei Punkte die einen Gerichtsfall auszulösen vermögen. Eine Familienfehde. Eine sich über Generationen hinziehende mittlere Katastrophe die bis zum affektiven Totschlag reicht. Und das nur zweier kleiner Punkte wegen. Das kam so. Unsere Nachbarn, über historische Generationen im Dorf ansässig und wir Zugezogene in dritter Generation, von den Nachbarn als Fremde empfunden, ja als Eindringlinge in die Struktur resistente Dorfgemeinschaft, mieden bereits meine Grosseltern, flüsterten im Schützenverein, im Kegelclub, zu denen wir keinen Zugang erhielten, die Beitrittsanfragen gingen stets ‚verloren‘, sodass ich es aufgab diese zu wiederholen, sich gegenseitig von Ohr zu Ohr zu: ‚FREMDES PACK‘.
Doch zurück zu den zwei inkriminierten kleinen Pünktchen die diese Fehde, ohne unser Zutun, oder wenn, dann nur unbewusst, lostraten. Ich selbst war daran beteiligt. Vor über 75 Jahren. Als ich zur Schule ging. In die 3. Klasse. Der Lehrer ein Ansässiger, zur Dorfgemeinschaft gehörender, hatte mich auf dem Kiecker. Liess mich das, wo er nur konnte, fühlen. Mit dem Stock. Mit der Notengebung. Mit den Einträgen über mein Betragen im Klassenbuch. Seinen Ausführungen über meine ‚Schweineschrift‘, die, je mehr er diese kritisierte, unleserlicher wurde. Im Jahreszeugnis hiess es lapidar schwarz auf weiss, nein, blau auf grau, denn er bevorzugte blaue Tinte, um wie er jeweils bemerkte, die blauen Wunder bei den Eltern auszulösen, in der Hoffnung, dass diese uns der Einträge wegen kräftig versohlen würden. Natürlich nicht bei den Kindern der Ansässigen. Integrierten. Umso mehr bei ‚FREMDEM PACK‘ zu dem ich gehörte; hiess es lapidar
‚MÜLLABFUHRASPIRANT, DAS HÖCHSTE WAS ER IN SEINEM LEBEN ERREICHEN KANN‘. Das alles in Grossbuchstaben. Wie gedruckt geschrieben, damit es von weitem lesbar war. Meine Eltern waren entsetzt. Vater versohlte mich als erstes gehörig, sodass ich meine blauen Wunder am Körper erlebte. Dann aber ärgerte er sich, da selbst bei der Müllabfuhr beschäftigt, über die Herabsetzung seines Berufstands. Seiner Berufsehre. Schrieb einen Beschwerde an die Aufsichtsbehörde. Bemerkte, dass es unstatthaft sei seinen Sohn so zu stutzen, ihm jede Zukunftshoffnung zu entziehen. Die Behörden, bestehend aus Alteingesessenen, besprachen die Angelegenheit wohl im Schützenverein, oder im Kegelclub, worauf des Lehrers Antwort eintraf, er verstehe nicht, dass der Einreicher der Beschwerde sich darüber aufrege, sich beschwere, dass er den Sohn stützen wolle.
Ja, ob dieser beiden Oberpünktchen, von einem den alten Traditionen verpflichteten Oberlehrer ausgesprochen, gab es darauf Gerichtsverhandlungen. Erzfeindschaften. Bis eines Tages zwei in Zyankali getränkte Pünktchen vor der Haustüre des Schulmeisters landeten und ihr Werk vollbrachten. Ja, grausam! Doch glücklicherweise nur in meiner Fantasie sich ereignend, um endlich aus den zwei Punkten einen endlichen Schlusspunkt in meinem fortgeschrittenen Alter über meine Jugend zu setzen.




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Ohrenkino

"Zweipunkt-Katastophe" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:






Ein Kommentar zu dieser Kurzgeschichte:

Am 11. Deember 2020 schrieb ein anonymer Leser:

"Werter Herr Loeb einfach herrlich und süffig zum Lesen: ... und Dank Ihrer bildlichen Beschreibung gleichzeitig Kino im Kopf. Ich geniesse sie, Ihre Wochengeschichten. Danke - Danke - Danke"

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