Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören oder hier kostenlos und werbefrei erhalten >>
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
Der Buchstabenwart
Hauswarte haben es in sich! Sind strenge Ordnungshüter. Sehen zu, dass Waschküchen der Reihe der Mieter nach perfekt gereinigt werden. Auch von Junggesellen. Dass das Treppenhaus sich blitzblank präsentiert. Der Schnee vom Gehsteig weggefegt, Kies richtig gestreut und dann wieder entsorgt wird. Keine einfache Aufgabe, die diese unerbittlichen Dienstleister zu leisten, Streitereien unter Mietparteien zu schlichten haben. Vorgärten zähmen, Unkraut entfernen müssen. Jugendliche zurechtzuweisen, Scheibenschäden durch Bälle abzuklären haben. Verdächtigen. Entlasten. Erstattungsaufträge über komplexe Versicherungsformulare einzureichen haben. Im schlimmsten Falle Zeugnis bei Polizeieinsätzen ablegen. Und das alles für ein geringes Entgelt. Meist in Form von Mietreduktionen. Kopfzerbrechen bereiten jedoch vor allem die Abrechnung der gemeinsamen Kosten, Flurbeleuchtung, Brennmittel-Einkäufe. Stets zu hoch, wie Meckermieter es empfinden. Verdächtigungen, Kommissionen dabei kassiert zu haben. Alles in allem ein schwieriges Leben, das von der Mehrheit der Bevölkerung nicht genügend gewürdigt wird.
So ergeht es Hans, dem Abwart der Bahnstrasse 76, einem 26-Einheiten-Wohnblock. Er verzweifelt beinahe an seinem Job. Klagt, je älter er wird, desto mehr seiner Gemahlin, bis diese ihm rät, sich nach einer anderen Nebenbeschäftigung umzusehen, sie könne seine Jeremiaden nicht mehr aushalten. Einfacher sei es, mehr Miete zu entrichten, um den Stress und Ärger zu meiden, ein glücklicheres Leben anzutreten.
Wie es das Leben so will, fällt ihr, der passionierten Sauberhalterin der eigenen vier Wände und Durchforsterin aller Kleinanzeigen der Gratisblätter ihrer Stadt — sie sieht hinter jeder dieser Kleinstmitteilungen ganze Schicksalsberge, stellt sich eigene Fantasiegeschichten hinter den Kleinbuchstaben vor — am Folgetag ein Drei-Zeiler-Inserätchen auf. Eine extrem kleingedruckte Anzeige. Fällt ihr sozusagen als Fang in die wachsamen Augäpfel, die das strahlende Blau der Jugend bereits seit langem gegen das Grau des Alltags eingetauscht haben. Gesucht wird ein Buchstabenwart. Und sie befindet, dass dies genau die Möglichkeit für ihn sei, sich von der jetzigen Aufgabe zu lösen. Immerhin ist sie überzeugt, dass Hans, da er doch mindestens 50% Berufserfahrung mitbringe — ein Wart sei er ja bereits —, grosse Chancen besitze, diese Aufgabe bestens auszufüllen. Die zwei Worte im Text GUTE BEZAHLUNG tun ihr Übriges. Sie drängt Hans dazu, sich zu melden. Er protestiert. Findet, dass er mit Buchstaben keine Erfahrungen habe. Unkraut wachse dort nicht. Schnee sei auch nicht zu räumen. Und wie solle er mit Besen und Harke Buchstaben bearbeiten? Wie Betriebsmittel einkaufen, wenn er nicht wisse, welche Buchstaben was benötigen würden? Ganz abgesehen davon, dass ihm das Schreiben noch heute Mühe bereite. Und erst recht die Grammatik. Habe er doch in der Schule vor Jahren nie ein fehlerfreies Diktat schreiben können. Geschweige denn einen Aufsatz. Da sei er lieber im Ärger verhaftet, den er von A-Z beherrsche. Sie aber lässt ihm keine Ruhe. Bearbeitet ihn unerlässlich. Bis er sich mühsam — sie hilft ihm dabei — unter der Chiffre meldet, die Briefmarke als Investition in eine jeremiadenfreie Zukunft aus dem doch recht knappen Haushaltsgeld spendet.
Drei Tage später kann Hans sich vorstellen. Er wird unterrichtet, dass er sich doch viel Zeit genommen habe, sich zu melden. Leider sei nur noch das X frei. Er werde nach Einsatz dieses Buchstabens in Kurzgeschichten vergütet. Auf reichen Verdienst könne er sich keine grosse Hoffnung machen. Obwohl seit einiger Zeit das Wortspiel ‚ein X für ein U‘ vormachen immer mehr in Mode komme und er sich dadurch eine, wenn nicht vergoldete, doch eine versilberte Zukunft ausmalen könne. Die Mühlen der Social-Media würden zwar langsam, dafür aber stetig an der allgemeinen Glaubwürdigkeit mahlen. Und wer zuerst mahle sei ein Winner, das wolle er doch in Zukunft, allein schon um seiner Gattin zu imponieren, sein ...
Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:
M A H L E N
Mahlen
Wann zahlen
Falls Mühlen lahmen.
Klammheimlich die Wahrheit
Dabei erbärmlich still
Paypal verpassen.
Was übrigbleibt
Alsdann sind Netze
Gesponnen fein mit Lügengarn.
Die Wochengeschichte und/oder der Dreisatzroman können stets mit Quellenangabe (https://www.francois-loeb.com//kurzgeschichten-kostenlos-lesen/geschichten-erhalten/) auf Ihrer Homepage Ihrem Blog, oder der Vereinszeitschrift kostenlos aufgespielt werden!
Ich freue mich darüber!!