Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören oder hier kostenlos und werbefrei erhalten >>
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
Die Oberredung
“Darf ich Sie für kommenden Montag Punkt 8.30 h unserer Zeit zu einer persönlich vertraulichen Oberredung bitten“, erscheint am Sonntag zu später Stunde ein Mail meiner gestrengen Bossin (ist das weibliche Pendant zu Boss, oder wie lautet das, wenn sie es kennen, bitte ich Sie um erste oder auch zweite Hilfe) in meinem Postfach, das ich vor dem Einschlafen noch rasch in weiser Voraussicht geöffnet habe. Absendezeit diesen Montag 00.15 h. Tag und Nacht Verfügbarkeit, meutert meine gewerkschaftlich geprägte linke Hirnhälfte lauthals, wird aber durch ein lau(t)es Gähnen zur Ordnung gerufen. Hm, denke ich, sie muss sich wohl ein oder zwei Becher zu viel hinter die Binde (oder wäre es klüger hinter den Schal) gegossen haben. OBERREDUNNG! Meinte wohl Unterredung oder möglicherweise Überredung? Zu was wohl will die Chefin mich überreden? Oberredung gibt nun wirklich keinen Sinn. Doch weiss man, auch Frau nie, zu was sie zurzeit, um ihren Gewinnanteil zu erhöhen, fähig ist. Soll ich gefeuert werden, um die Kosten zu senken? Wer erledigt dann meine Arbeit, die meine Vorgesetzte bereits mehrmals als unersetzlich bezeichnet hat?
Sie jedenfalls nicht! Dazu ist die Maulheldin schlicht nicht fähig. Sofort und unmittelbar ruft mein Hirnschiedsrichter mich zur Ordnung: Es sei einfach nicht hilfreich, sich auf die neue Woche mit solchen Schlampereien, solchen Wutbezeichnungen wie ‚Maulheldin‘ vorzubereiten. Er, der Schiedsrichter, greift in die Tasche, zückt glücklicherweise nicht die rote, sondern einzig die gelbe Karte, sodass ich morgen bei der Oberredung ihr einen Freistoss nolens volens zugestehen werde. Eine Schweigeminute, nicht aus Trauer, aber als demütige Zuhörerin, um zu erfahren, was die Cheffe (im Gastgewerbe besteht die richtige Berufsbezeichnung, denn zu viele Köche verderben den Brei) im Schilde führt, um meinen möglichen Spiess abzuwehren.
Leider will der Schlaf sich mit diesen wilden Gedanken nicht einstellen. Ich wälze mich hin und her. Beginne mich darüber zu sorgen, unausgeschlafen zur Oberredung zu gelangen und dann gnadenlos vor dieser einzuknicken. Was für eine Schande wäre das. Gar Karriere schädigend, habe ich doch genau ihren Posten in meinem Laufbahn-Visier. Und dazu müsste ich sie eines groben Fehlers über- und nicht unterführen. Selbst nicht in einer Oberredungsunterführung, die dunkel und unübersichtlich zwischen den nach(t)gedachten Zeilen liegt. Um 3.30 endlich falle ich unvermittelt über die steilen Klippen des Schlafs in die inzwischen alptraumhaft bekränzte Zwischenführung, aus der mich der scheppernde Wecker punkt sieben aufrüttelt, mich hastig schlaftrunken aufstehen lässt. Toiletten- und Duschgang begehen, dabei meinem Selbst den Versuch gebend mich meines Traums zu erinnern. Möglicherweise gibt mir dieser einen Tipp für mein Verhalten um Punkt acht. Taxi bestellen, denn für den ÖV ist es weit zu spät, will ich pünktlich und das ist Pflicht um die Cheffe (auf diese Bezeichnung habe ich mich im Traum festgelegt, so weit der erste Erinnerungsfetzen) aus ihrem Amt zu kippen. Hastig ein Espresso maschinell fabriziert. Vergessen die Tasse vorzuwärmen. Kalter Kaffee. Alles Kalter Kaffee spuckt mein Hirn den Satz auf meine Zunge, die tatsächlich gehorcht. Den Satz samt dem lauwarmen Gesöff ins Spülbecken ausspuckt. Bitte spülen, bemerkte vor sieben Wochen die Zahnhygienikerin bei der Behandlung, erinnere ich mich unmittelbat statt an den Trauminhalt. Und da klingelt bereits im Dreivierteltakt der Taxidienst an der Hochhaustüre siebzehn Stockwerke tiefer. Noch nicht angezogen. Geschweige denn geschminkt. So kann ich nicht der Cheffe gegenübertreten. Verspätung melden. Staubegründung? Doch durch Google-Maps der Lüge überführt zu werden, lohnt sich nicht. Also rasch den Überzieher übergezogen. Schminkkoffer in die linke Hand. Pumps in die rechte. Verdammt wie langsam ist der Aufzug heute. Unten angekommen sehe ich durch das Guckloch der Eingangstüre das genervte Gesicht der Taxifahrerin.
Aber das kann nicht sein! Es ist das Antlitz meiner Vorgesetzten, das genervt und mit den 10 Fingern auf die Briefkastenbatterie trommelnd, als seien ihre Hände ein Maschinengewehr, auf mich ihre Untergebene wartend.
Ich öffne die Türe. Das Schnappschloss klickt beim Zuschlagen. Sapperlot! Ich habe den Hausschlüssel in der Wohnung vergessen. Wie nur jetzt vor der Fahrerin flüchten ungeschminkt und barfuss, wie ich jetzt dastehe.
Die Taxichauffeuse sieht mich böse an: Bemerkt: „Bitte das nächste Mal pünktlicher sein, sonst befördere ich Sie nicht mehr. Keine Hoffnung, können Sie sich darauf jemals mehr dann machen.“
AUS DER TRAUM! …
Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:
E I N G E M I T T E T
Weder oben
Noch ganz unten
Eben nett eingemittet
Inzwischen doch bestimmt
Wohlbedacht nicht unvermittelt.
Durchschnitt
Leisen Tritts
Gewichtet.
Der wahre Nabel
Dabei leicht schief
Wie der Turm zu Babel.