kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

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Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :

Neue Marken

Mit Belustigung lese ich die neue ddpa News, die auf meinem iPad aufpoppt!

Haha! Echt witzig.

Ab heute, dem 13. soll es in den Postbüros sogenannte Menschmarken mit Ersttagsstempel zu erwerben geben. Je nach dem zu transportierenden Gewicht unterschiedlich gestaffelt im Wert. 

Kaum zu glauben, was den Fakerschaftsproduzenten alles einfällt.

‚MENSCHMARKEN!'

Was wird als Nächstes folgen? Was den Fake Innovatorenschaft neues einfallen?

Ver-Rückter geht es doch kaum. Aber ich lasse mich gerne überraschen und verfalle, so denke ich, bald der Verkicherei. Einer modernen, erst kürzlich bestimmten Krankheit, der unbeherrschten, nicht programmierbaren Dauerkicherei, gegen die noch kein Kraut, selbst nicht Sauerkraut gewachsen ist.

Als das Pop-up auf allen Kanälen auch denjenigen für meine dienstliche Arbeit, also offizielle, aufleuchtet, werde ich langsam unruhig. So was nervt gewaltig, das kann jederfrau bestimmt beinahe augenblicklich nachvollziehen. Jedermann – wohl erst dem muskulöseren Nervenkostüm oder längerer Leitung zu verdanken – je nach Fitnessgrad, erst nach 24–36 vollen Sekunden.

Bei mir knacken die Nerven, als seien es hart gezogene Fingergelenke bereits nach 27,6 nervigen Sekunden. Ich halte es am Schreibtisch nicht mehr aus. Klappe den Rechner mit einem leisen Popdown zu. Erhebe mich. Strecke die Knochen und Muskeln. Drehe die Nervenbahnen mit entnervenden Lockenwicklern in deren natürliche Positionen, was unheimlich guttut, mich sofort beruhigt. Mich daran erinnert, dass ich diese Erfindung meines Körpers unbedingt umgehend beim Patentamt anmelden sollte. Ein Vorhaben, das ich aus Angst ausgelacht zu werden, immer erneut, keinesfalls veraltet, nachverschiebe, sodass es unbeabsichtigt zu einem eigenartigen Nachhaben, ganz ohne effektivem Beben wird.

Ich öffne die Office-Türe. Entschlüssele meinen Drahtesel, obwohl für dieses verrostete Exemplar Diebstahl eine Erhebung in den Adelsstand bedeuten würde. Aus alter Gewohnheit lasse ich dem zeremoniellen Charakter dieser Verschluss-Handlung weiter freien Lauf, was jeder Logik widerspricht. Doch wenn man tagein, tagaus, jahrein, jahraus mit Bytes beschäftigt ist, stellt dies einen kleinen, wirksamen Ausgleich dar.

Eile, alle Rotlichter im Kopf zu Grün-Ampeln wandelnd zum Hauptpostgebäude. Erstürme samt meinem bald Oldtimer würdigen Transportmittel die Schalterhalle. Verjage damit die unendlich lange Warteschlange, die Auskunft heischend, so denke ich, das gleiche Ziel wie meines erreichen will. Bin sogleich am Schalter. Werde nach meinem Begehr befragt. Ob ich mein Fahrrad aufgeben wolle. Dazu hätte ich zuvor einen Transportschein auszufüllen, damit die Frachtmarken berechnet werden könnten. Ich verneine das Haupt heftig schüttelnd, sodass mein Fahrradhelm, den ich pflichtbewusst auf Halbmast trage, abhebt, klirrend die Nebenschalter-Scheibe zerschlägt, seinen Weg in die unbekannte Zukunft mit seinem Lederverschluss-Riemen nimmt.

Mit hechelnder Stimme, bin zu schnell geradelt, was mein Herz zu rasch schlagen lässt, mir den Atem stiehlt, bringe ich mein Pop-up-Auskunftsbegehren beinahe stumm, unterstützt von meiner Händegestik vor. Glücklicherweise ist die Beamtin hinter dem ungepanzerten Schalterglas auf atemlosen Sprachgebrauch geschult. Nickt verständnisvoll.

„Wohin ist ihr Begehr? Mit oder ohne ihrem, ihnen im Altersaussehen ähnelnden, drahtigen Esel?"

„Mit", meine Antwort. „Kann mich aus Pietätsgründen nicht von ihm trennen. Geschweige denn von ihm mich scheiden lassen."
„Stehen sie bitte auf die Bodenwaage, vor ihnen", bemerkt in stumm geschaltetem, den Fussboden zum Beben bringenden Modus die Panzerglas geschützte Beamtin.
„Macht 47,5 Menschen-Marken. Leider gibt es den Rücktransportschein noch nicht im Angebot. Und jetzt bitte tief Atem holen! Einen grossen Hupf durchführen! Drahtesel fest an den Körper drücken. Und Schwupps in den Transportbriefkasten, oder besser gesagt das Menschtansportgatter. Gute Reise in die Ewigkeit wünscht ihnen die Expresspost. Sie sind voll versichert. Garantierte Ankunft ohne Rückkunft inklusive...“


Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

S A M M E L M A R K E N 

Marken kleben
für ein neues Leben
Ganz vonwegens vergebens.

Doch der winzig Hoffnungsschimmer
Wenn auch so klein gedimmert
Leuchtet wimmernd immer.

Klein und fein
Soll das neue Leben
Bildhaft jedenfalls dann sein.




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