kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.

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Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf  >>) :

Nasenwasser

„Ein Nasenwasser!“, ordert der Mann am Nebentisch! In feinem Zwirn gewandet, ein Stecktuch, blütenweiss in der Pochette und ein Abzeichen im Knopfloch. Auf Distanz kann ich nicht erkennen um was es sich handelt. Ehrenlegion? Verdienstkreuz? Adelshauswappen? Eliteclub? Aber Nasenwasser bestellen in diesem Edellokal in dem ich nach langem Zögern mich endlich zum Besuch entschieden habe, endlich den Wettbewerbspreis einlösen will den ich vor 18 Monaten gewonnen hatte und dessen Gültigkeit in 3 Tagen ablaufen würde. Tatsächlich höchste Eisenbahn den Gutschein einzulösen an diesem Samstag, den das Etablissement - ja diese Bezeichnung ist wahrhaftig auf den Leinenservietten, neben dem Namen des Gourmettempels in GROSSBUCHSTABEN klein eingestickt - hat Sonntags und Montags seine Tore geschlossen. Klar, einen Gutschein verfallen lassen, das hätte gegen meine Erziehung zum sparsamen und grundehrlichen Steuerzahler verstoßen, wäre ein Sakrileg gegen meinen und meiner Eltern Charakter gewesen. Aber Nasenwasser hier? Hatte ein Weingut diese exklusive, tieftrabende Bezeichnung für Honoratioren der Überklasse gewählt? Kann ich kaum glauben. Doch was soll einer wie ich im heutigen Zeitalter noch glauben? Glauben was wahr soll nicht mehr zeitgemäss sein, bemerkte letzthin ein Arbeitskumpel zu mir.

Natürlich habe ich mich für diesen exklusiven Abend geputzt und geschniegelt, falle bestimmt nicht auf. Doch Nasenwasser zu bestellen würde ich mir doch nicht zutrauen. Bestimmt nicht. Stecke meine Nase in die umfangreiche Speisekarte die mehr als ein Pfund wiegt. Nicht ein Amerikanisches Pfund. Ein Europäisches und erst die Weinkarte, ich würde wetten deren drei. Leider nicht alphabetisch aufgelistet sonst hätte ich unter N nachsehen können. So bin ich dazu verdammt Zeit zu schinden, damit ich die Antwort auf das Rätsel des N-Wortes in natura erfahre, nein, erleben kann. Einfach die um mich herum scharwenzelnden Bediener nicht beachten, den Gourmet herausstreichen der alles kennt. Keiner Beratung bedarf obwohl ich Dreiviertel der kulinarischen Bezeichnungen nicht verstehe, mich innerlich bereits, um keine Blamage zu erleiden, auf das kleine Überraschungs-Menü festlege, dessen Speisefolge mich ungenannt delektieren soll.
Aber Nasenwasser?

Da kommt Bewegung in meiner Nachbarschaft auf! Herjeh! 22 perfekt weiß gekleidete Individuen, altersmässig nach der Normalverteilungs-Kurve verteilt, stellen um den Nachbarstisch einen Paravent, so dass ich jeglichen Blickkontakt verliere. Darauf ertönt ein Schniefen, Niesen, Blasen und Husten, sowie kurz darauf ein Schlürfen und Schmatzen. Da taucht einer der Weissbekittelten an meinem Tisch auf, legt eine Visitenkarte neben mein üppig daliegende Besteckgarnitur, erhebt seine Stimme zuerst im Bass, dann in einem Flüstertütenton: „Falls Sie einst Arbeitslos sind, bei uns finden sie, falls erkältet, stets einen Job, wir liefern exklusivste wahre Ware, erfüllen jeden Wunsch, auch den Absonderlichsten!“
Ach je, denke ich, meine Tarnbemühungen ein normaler Gast des Gourmettempels zu sein sind wohl gescheitert und ich dachte bisher immer Nasenwasser sei bei begütert Betuchten der Ausdruck für eine Geldsumme die nicht der Rede wert sei. So kann ein aus der Normalverteilungskurve gefallener sich täuschen ...




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