kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

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Kern-Spalt

Eine ganze Woche Medien-Hype! "Hype hoch zehn", wie es mein Freund am Stammtisch betitelt. Seit sieben Tagen, beginnend mit der Sonntagspresse und dem Fernseh-Interview aus der Hauptstadt am Sonntagabend, werden wir mit ‚KERN-SPALT‘ gefüttert. Abgefüllt. Aufgetankt. Berieselt. Bespielt. Dieser Kern-Spalt soll die Rettung sein. Unsere Rettung. Die Rettung der Nation. Der Welt. Des Globus. Ein Wunderding erster Güte.
Weitere Informationen sollen folgen. Am Wochenende. Am Kommenden. So lange warten? Nein, das ist nichts für meine gequälte, neugierige Journalistenseele, die stets auf der Suche nach Pepp auf jedem Stepp ist. Das gebe ich am Stammtisch auch meinen Freunden bekannt, die nach dem dritten Becher das Wort ‚typisch‘ in die Runde werfen, das gemütlich rund um den ovalen Stammtisch kollert. Der Stammtischälteste, auch hier gibt es eine Rangordnung, nimmt den kleinen Finger seiner rechten Hand zum linken Augenrand und zieht dieses tief hinab. Ein unmissverständliches Zeichen, einem Journalisten sei ohnehin nicht zu trauen. Getroffen wie von einem scharfen Pfeil von Tells Geschoss mitten in mein Stolzzentrum, das sich bei mir, da so oft herabgesetzt, am obersten Gelenk der linken, kleinen Zehe befindet, hebe ich meinen Fuss und scharre auf den gekreuzten Eichenbohlen, die den Stammtisch Haltung bewahren lassen.
Mein Entschluss: Denen werde ich es zeigen! Spätestens bei unserem nächsten Treffen am Donnerstag, also weit vor der angekündigten Rätsellösung am Wochenende, werde ich der staunenden Runde die Lösung des Problems präsentieren. Stehe auf. Verabschiede mich. Mache mich an die Arbeit.

Mein Kopf brummt. Die Herausforderung ist gross. Ich will nicht versagen. Meinem Stolz-Zentrum Genugtuung verschaffen. Kopfschmerz unterbrechen. Greife zur altehrwürdigen SPALT-Tablette, dem Liebling meiner Grossmutter. Wirkt rasch. Ein Hinweis im Namen?

KERN-SPALT, eine neue pharmazeutische Formel, die mit staatlicher Unterstützung entwickelt worden ist? Denn woher sonst kommen die scheinbar unerschöpflichen Mittel zu dessen Propagierung auf allen Kanälen, wenn nicht aus einem Sondertopf der Regierenden? Wie nur zu mehr Informationen gelangen, wenn selbst die grossen Medien nicht das ‚Eingemachte‘ auspacken können? Bestimmt soll die Geheimniskrämerei das Interessenfeuer schüren, als sei es ein Blasebalg.

Im Informationsministerium habe ich einen Schulfreund. Kann ich ihm die geheimnisumwitterte Essenz entreissen? Überlege, wo sein Schwachpunkt sein kann. Wie ich ihn unter Druck setzen könnte. Erinnere mich, dass er wasserscheu ist. Beim Schwimmunterricht stets die wildesten Ausreden erfand, um das Wasser zu meiden. Rufe ihn schnurstracks an. Lade ihn zu einer kleinen Ruderpartie auf dem grossen Feuerwehrteich unserer Stadt ein. Begeistert sagt er zu. Als Bedingung soll ich eine Rettungsweste bereitstellen, was ich freudig zusage, also habe ich den Nagel voll auf den Kopf getroffen.

Zerbreche mir alsdann den Kopf, wie ich einen Sturm, nein, nicht im Wasserglas, aber im Teich, oder gar eine Windhose auslösen könnte, um zu meinem Ziel zu gelangen. Hoher Wellengang würde auch genügen. Doch auf einem Feuerwehrteich? Da wäre ein Schwanenangriff die einfachere Methode. Hund mit ins Boot nehmen. Am effektivsten einen, der gerne schwimmt. Dann in die Nähe des Schwanennests rudern. Das sollte funktionieren. Denn ein angreifender Schwan ist imposant.

So leihe ich mir den Labrador meiner Freundin aus.
Er steigt zusammen mit dem Ministerialbeamten freudig wedelnd ins Boot. Die Schwimmweste ist vorhanden. Und tatsächlich eindrucksvoll ist der Schwanenangriff kurz danach, sodass mein Schulfreund in schlimmste Jugendängste stürzt, aus denen ich ihn gegen die Hintergrundöffnung des KERN-SPALTS bereit bin zu erlösen.
Dadurch wandert bereits jetzt mein Stolz-Zentrum von der kleinen in die grosse Zehe und bringt sich am Donnerstag imposant an der Stammtischrunde in Position, wenn ich das Geheimnis lüften kann.

Die Verwaltung hat unter dem Druck des Fachkräftemangels eine neue Chemikalie entwickeln lassen. Zugang haben nur ausgewiesene Fachkräfte mit staatlichem in- oder ausländischem Diplom, die das Mittel gegen Vorweisen dieses Dokuments in den Apotheken kostenlos beziehen können. Nach der Einnahme spaltet sich die Fachkraft, und augenblicklich sind deren zwei vorhanden. Doch nicht genug damit, erklärte mir mein Schulfreund voller Stolz, die Todesangst noch in den Augenwinkeln, der Kern der Sache ist, dass diese Abspaltung wiederum berechtigt sei, die KERN-SPALT Kapsel einzunehmen, was innert Kurzem zu einer vollständigen Lösung des Fachkräfte-Problems ohne politische Implikationen und dazu noch äusserst kostengünstig führen werde.

Um glaubwürdig zu sein, lege ich der Tischrunde die mir vom Freund anvertraute KERN-SPALT-Tablette auf die ovale Stammtischtafel. Und siehe da, unmittelbar steht ein zweiter und dann ein dritter Stammtisch im Lokal, und um jeden sitzt die Freundesrunde voller Staunen. Beobachtet, wie sich die Multiplizierung in rasender Geschwindigkeit fortsetzt und ich selbst (oder sind es meine Abspaltungen im Chor?) beruhigend den unzähligen Runden zurufe: „Da muss sich noch ein kleiner Programmierfehler eingeschlichen haben, der bestimmt bis zum nächsten Wochenende behoben sein wird. In der Zwischenzeit wünsche ich gute Geheim-Gelage mit all euren Abspaltungen …"


Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

D E S   P U D E L S   K E R N

Des Pudels Kern liegt
mir fern so irre gern
Ich als Katze bleib
Dem Hunde fern.

Doch er nie still
Sein Kern mir
Zeigen will.

Ich aber pfeif
Auf den Pudelkern
Halte mich lieber fest
An ferne abseitig Sterne.




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