kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

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Der Gesang der Lemuren

Gefiedertes Gezwitscher kündigt das Frühjahr an, bemerkt mein Grossvater an diesem so herrlichen Tag, in dessen Nachtstunden sich Eis über die Wege ausbreitet, Wasserpfützen ihren Zustand von flüssig in fest wandeln. Und tatsächlich vernehme ich erste Amsel-Balzgesänge, die mein Trommelfell ohne jedes störende Trommelgeräusch erfreuen.

Doch jetzt erreichen fremde Klänge meine übergross ausgestalteten Ohrmuscheln, die jenen meines Grossvaters nachzueifern versuchen, dies jedoch noch keineswegs erreichen. Töne, die ich noch nie vernahm. Nicht einordnen kann. Auch mein Grossvater kann mir nicht weiterhelfen. Wiegt einzig sein Haupt, darauf eine einsame Haarsträhne, die er, so berichtete er mir, intensiv pflegt, da sie das einzige Stückchen Jugend sei, das ihn an diese herrliche, vergangene Zeit erinnert. Wir stehen beide ratlos da. Als Jünger der technischen Zeit zücke ich mein Super-Smartphone, ein Geschenk des Vaters meines Erzeugers, schalte hintereinander Bart und ChatGPT ein, lasse die fremden Töne in den Beantworter schwieriger Fragen einströmen und erhalte identische Auskünfte, die ich nicht einordnen kann.

'Gesänge der Lemuren', mit dieser Antwort kann ich nichts anfangen. Befrage meinen Beschützer, an dessen Hand ich laufe, um dabei Erinnerungen an meine Kindheit aufrechtzuerhalten, ob er wisse, was Lemuren seien. Er legt seine Stirn in tiefe Falten, bemerkt, so viel er sich an seine Schulzeit erinnere, sei das eine Affenart. Sie gehörten zur Gruppe der Feuchtnasenprimaten, früher den Halbaffen zugeordnet. Das Taxon umfasst nach heutiger Sichtweise etwa 100 Arten. Lemuren kämen ausschliesslich auf Madagaskar und kleineren Inseln in der Nähe vor. Hinsichtlich Körperform und Lebensweise sind sie eine sehr vielfältige Gruppe. Weshalb wir hier bei unserer Wanderung diesen Gesang so deutlich vernehmen würden, sei ihm schleierhaft. Ob sich wohl ein Loch, ein Durchgang durch die Erdoberfläche bis nach Madagaskar geöffnet habe? Oder eine Lemurengruppe aus einem Zoo oder einem Zirkus in den hiesigen Wald geflohen sei? Er glaube das nicht, denn überleben könnten diese Tiere in unserem Klima keineswegs. Würden erfrieren.
Keine Nahrung finden. Schlichtweg könne er mir keine weiterführende Antwort geben, was ihm sehr leid tue.

Tief enttäuscht, ja erschüttert, denn ich sehe meinen Grossvater beinahe als allwissend an, lausche ich weiter dem fremden Gesang der Lemuren. Hänge diesem regelrecht nach, denn er bewegt mein Inneres, lässt mein Herz hüpfen, treibt mir Tränen in die Augen. Erschüttert mein ganzes Wesen. Doch auf die Frage, weshalb diese Gesänge hier so unmittelbar hörbar sind, finde ich keine Antwort. Auch mein Grossvater nicht.

Ja, bis wir links in der Ebene einen grossen Bahnhof erblicken und der Schall des Lautsprechers uns dank günstigen Windverhältnissen erreicht: »Der INTERKONTINENTAL-DB-ICE aus Antavario ist mit 27 tägiger Verspätung soeben eingetroffen … »


Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

G E Z W I T S C H E R

Es zwitschert 
Der alte Witcher
Hitsch dann Klitsch.

Bis subkutan er
Leisemittellaut 
Erkennt dass
die Ansprach  
reiner Kitsch.

Daraufhin fährt er 
Munter mit seiner 
Rede fort denn selbst
Sein Stuss gefällt ihm sehr
Da schaumgeboren im eigen Kopf.




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"Der Gesang der Lemuren" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:







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