Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören.
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
Edit
Ich traf sie am Strand. Blaues Meer, dunkle Wolken. Regen oder Sturm war die Frage. Ich kannte mich nicht aus in diesem fremden Land. Sie schon. War hier geboren. Von einer überirdischen Schönheit war sie. Wagte mich nicht, sie anzusprechen. Obwohl unsere Blicke sich täglich trafen. Sie im Strandkorb halbsitzend liegend. Ich mich im Sand fläzend. Nun dachte ich, das Wetter kommt wie gerufen. Ein Grund, sie anzusprechen. Musste es ja wissen! Ab Mittag verkaufte sie am Eisstand Gelatis. Stets mit einem verschmitzten Lächeln. Strich sich von Zeit zu Zeit die blonde Haarsträhne von der Stirn, was mir besonderen Gefallen brachte. Träumte das eines Tages selbst für sie unternehmen zu dürfen. Aber ansprechen? Dazu reichte mein Mut nicht. Befürchtete die Abweisung. Den Korb. Nein, nicht den Strandkorb. Den Abweisungskorb. Die so schmerzliche Zurückweisung. Eine flapsige Bemerkung, die mich dann mit ihren neun Buchstaben monatelang verfolgen würde. Hin und her war ich gerissen. Klaubte dann die kleinen Geldstücke zusammen, um damit eine kleine Kugel Eis bei ihr zu kaufen. Dabei ihr in die Augen blickend. Hoffend, dass sie genau in diesem Augenblick die Haarsträhne zurück wischen würde. Schwor mir, sollte das erfolgen, sie dann anzusprechen. Wenn nicht, habe das Schicksal gegen mich entschieden.
Sie strich. Ich sprach sie an. Fragte nach ihrem Namen. „Edit ohne Schluss h", dieses streiche sie mit der Haarsträhne jeweils fort, obwohl jene ewig wiederkäme. Beinahe wie ein Gespenst auf vier Beinen mit einer durch das H leiterhaften Verbindung dazwischen. Edit, was für ein wundervoller Name, der alle romantischen Zellen meiner Seele ansprach. Und die leiterhafte Verbindung! Konnte doch durch die Auswechslung zweier Buchstaben eine gänzlich andere, extrem spannende Bedeutung erhalten. Lasterhaft. Tief befriedigt über meinen Mut und den neuen, erweiterten Wortschatz trollte ich mich mit Eis davon, um dann im Sand zu träumen. Mir das irdische Paradies vorzustellen, mich in diesem in Zeitlupe zu bewegen, auf dass keine tausendstel Sekunde meines Glücks verloren gehen konnte.
Dieses Glück dauert bis heute an. Denn wenn ich bei meiner Arbeit Edit immer wieder begegne, leuchten meine Augensterne auf und ich versinke im Edit Taumel. Besonders jetzt in meinem hohen Alter. Indem die Erinnerungen an die Jugend so plastisch vierdimensional erscheinen! EDIT! Ganz ohne H. Täglich. Manchmal stündlich oder auch minütlich. Jedes Mal und immer, wenn auf meinem Bildschirm das Wort EDIT (ganz ohne h) auftaucht …