Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören.
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
AberGlauben
Abergläubisch, was für ein Unsinn! Freitag der Dreizehnte. Schwarze Katze die über den Weg läuft. Schornsteinfeger bringen Glück. Vierblättriges Kleeblatt auch. Hufeisen an der Türe. Beim Gähnen die Hand vor den Mund halten damit der Teufel keinen Eingang findet. Hals und Beinbruch wünschen und dies nicht wörtlich meinen, oder in den falschen Hals bekommen, wie wenn es diesen gäbe. Und was es alles noch für unsinnigen Aberglauben gibt.
Das dachte ich mir, als mein Kumpel, wir waren seit längst verflossenen Schulzeiten beste Freunde, mir allen Ernstes bei einem Humpen Bier zuerst zuprostete und mir tief in die Augen sah, dabei bemerkte, das Klirren würde den Beelzebub vertreiben. Ich musste lauthals lachen, wollte es jedenfalls, doch der tiefe Schluck verhedderte sich in meinem Hals, suchte den Weg in meine Luftröhre, was mich zu heftigstem Husten führte und Bier bis zum Schanktisch zu versprühen suchte. „Siehst Du!!“, fügte er mit innerlich und äusserlich jubilierenden lauter Stimme an, „ungläubiger Thomas der Du bist! Das geschieht, wenn jemand nicht an diese Dinge glaubt. Sie verneint. Abstreitet. Falscher Hals also kein Aberglaube! Was hiermit bewiesen sei!“
An diese Episode erinnere ich mich bestens. Abends dann, mich Schlaf suchend im Bett wälzend, meine Atemwege wehrten sich immer noch gegen das Malzgetränk, liessen mich husten, sodass meine Gemahlin auch nicht zur Ruhe kam, liefen all die Aberglaubens-Geschichten in meinem Geiste durch. Überlegte, ob ich nicht doch auch daran glauben sollte, meinem Freund dadurch eine Freude bereitend, ihn damit ins Missionarsglück führend. Doch das innerliche und äusserliche Wälzen wollte den Sprung über den eigenen Schatten nicht zulassen. Bis, ja bis finderischer Geist, es war Punkt Mitternacht, also Geisterstunde, auch so ein Aberglaube, mir eine herrlich breite Eselsbrücke bot. Wenn ich mein Leben im Eilzugstempo an mir vorbeirauschen liess, die Geisterstunde bietet ja ganze 60 Minuten, oder 3600 Sekunden, fiel mir auf, wie oft ich dem Wort ABER in meinem Dasein begegnet war. Unzählige Male! So oft, dass es nicht mehr nachvollziehbar war. Und da, in dieser ausserordentlichen Stunde, möglicherweise durch Gespensterhand geführt, hatte ich den wahren Sinn des Worts erkannt. ABER-GLAUBEN. Die meisten Menschen glauben an das Wörtchen ABER! Es kommt auch mir, wie vermutlich allen Mitmenschen als Erstes in den Sinn, wenn es um Neues geht. Um neue Ideen. Neue Gedanken. Neue Unternehmungen! Sozusagen als Rettungsanker nichts Neues je zu wagen. Weil das Wort ABER den Weg dazu versperrt.
Nach dieser einmaligen Erkenntnis bin ich in erquicklichen Schlaf gefallen. Konnte früh morgens erfrischt aufstehen. Der Husten war verschwunden. Der Biergeschmack im Halse ebenfalls. So machte ich mich auf den Weg zur Wohnung meines Kumpels, um ihm zu verkünden, dass ich aber-gläubisch geworden sei. Ihm dadurch eine Genugtuung frei Haus vor unserem traditionellen Frühschoppen zu liefern …