kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.

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Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :

Der Kristallkugelrunderich

Mein Vetter 2. Grades, also ziemlich weit in der Fernverwandtschaft liegend, ist ein Draufgänger 1. Grades und dazu ein wagemutiger angsttötender Fallschirmspringer. Sein Mut besticht mich und sein gesamtes Umfeld, ganz ohne dabei Unrechtes oder gar Strafbares auszulösen, geschweige denn jemanden zu verletzen. Weder körperlich noch geistig oder gar ehrentötend. Ein Gentleman, trotz oder wegen seines Mutes, eine Art Ausnahmeerscheinung erster Güte, ohne vom TÜV geprüft zu sein.

So lange habe ich ihn nicht mehr gesehen, denn ein Mutiger hat kaum Zeit, muss immer wieder seinem Mütchen nachrennen, es kühlen. So fühle ich mich besonders privilegiert, als Karll, ja, er schreibt sich mutig wie kein anderer mit 2 l, mir zusagt, mich zwischen zwei Zügen in der Bahnhofsgaststätte meines Wohnorts zu treffen. Er hoffe, dass keine zu grossen Verspätungen das Zeitfenster für unsere Plauderei verschliessen oder aber auf Durchzug stellen würden.

So fiebere ich dem Freitag, 13. Dezember, ungeduldig, von Erwartungsschüttelfrösten erfasst entgegen. Die Stunden des 13. vergehen in ungeahnter Langsamkeit, denn ich bin bereits um vier Uhr früh aus dem warmen Bett gestürzt, um meinen ersten erweckenden Kaffee anstelle eines unheimlichen Weckergescheppers zu geniessen und trotzdem mir vor lauter Nervosität am Wasserkocher den linken Zeigefinger zu verbrennen. Kaltes Wasser, Eisbeutel, Wundsalbe folgen. Ein Fingerpflaster macht mein Aussehen nicht besser. Doch geschehen ist geschehen. Man muss zu dem stehen, was geschieht und geschehen ist. Versuche mich in Erinnerung zu rufen, wie mein Vetter aussieht. Befürchte ihn nicht zu erkennen, obwohl wir als Erkennungszeichen einen lila eingefärbten linken Zeigefingernagel ausgemacht haben. Eingepflastert ist dies nun nicht mehr möglich. So beschliesse ich, den Verband lila einzufärben, nehme an, dass mein Treffpartner mit seinem Mut nicht schüchtern sein, den Nagel auf den Kopf treffen, vom Fingernagel zum Verband kurzschliessen wird.

Und tatsächlich, ich warte bereits 35 Minuten mit einem erkalteten Kaffee an einem einsamen Ecktischchen in der Gaststätte auf ihn, als er mir mit seinem linken Zeigefinger auf die Schulter tippt, mich mit ‚liebe Tante‘ anspricht, mir kundtut, dass der ICE 37,5 Minuten Verspätung hatte, was ihn zu einer Rückzahlung eines Teilbetrags ermächtige, mit dem er unsere Getränke begleichen könne. Er bestellt sich einen Korn, betont damit, dass er damit seinen Mut anfeuern könne. Leicht gehemmt, versuche ich meinen mutigen Tischnachbarn in ein Gespräch zu verwickeln. Befrage ihn, jetzt am Jahresende über die Zu-Kunft des kommenden Jahres. Da scheine ich einen Volltreffer gelandet zu haben, denn sogleich holt er tief Atem und beginnt zu reden, als hätte ich eine Sprechquelle angebohrt:

„Jedes Jahr befrage ich am 31.12. um Mitternacht meine zuverlässige Kristallkugel über die Zu-Kunft der kommenden 365 oder 366 Tage“ (man müsse auch auf tageweise Abweichungen vorbereitet sein, betont er mit kindlicher Stimme), „die immer offen und nie geschlossen sei.“

Er wäre gerne bereit, die absolut exakten und unwiderruflichen Resultate mit mir zu teilen, wenn ich dies wünschte.
Mit Freude stimme ich zu.

Karll verspricht, mir die absolut bestimmt eintretenden, kommenden Ereignisse per Mail zu übermitteln, denn mutig sehe er dem kommenden Jahr, das sich bereits abzuzeichnen beginne, entgegen.

Ich schlage ihm vor, eine Wette abzuschliessen, dass er mit seiner Kristallkugel beim heutigen Stand der ver-rückten Welt sicher daneben liegen werde. Wenn ich die Wette gewinnen würde, habe er einzig meinen Anweisungen zu folgen, was seine Kristallkugel betreffe. Ich würde ihm dann die dazu notwendigen Ingredienzen liefern. Erstaunlicherweise willigt Karll mit seinem legendären Mut sofort ein, ruft laut aus: „TOPP, DIE WETTE GILT“, steht auf, eilt zum Bahnsteig, denn unvorhergesehen ist der nächste ICE hundertprozentig pünktlich!

SZENENWECHSEL:

Ein Jahr später. Selber Ort. Die gleichen Komparsen.

Ich habe die Wette gewonnen. In einem Marktkorb liegen die Ingredienzen festlich verpackt zur Übergabe bereit.

Eine Flasche feinstes Olivenöl. Salz. Pfeffer und ein Vorschlaghammer. Sowie eine Schiefertafel, auf der ich in Schönstschrift mit lila Kreide die Worte geschrieben habe:
‚WER IN DIE KRISTALLKUGEL SCHAUT, MUSS LERNEN SCHERBEN ZU ESSEN‘ …



Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

N E U

Alles neu
Macht nicht
Der Wonnemonat
Eieiei verpatzter Mai.

Nein nein nein
Darob ich
Wein.

Es ist das neue
Jahr in dem bleibt 
Fake leider noch wahr.




Die Wochengeschichte und/oder der Dreisatzroman können stets mit Quellenangabe (https://www.francois-loeb.com//kurzgeschichten-kostenlos-lesen/geschichten-erhalten/) auf Ihrer Homepage Ihrem Blog, oder der Vereinszeitschrift kostenlos aufgespielt werden! Ich freue mich darüber !!


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"Der Kristallkugelrunderich" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:







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